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Berlin Daily 27.04.2024
Ausstellung Melting Mountains: Vortrag+Gespräch

17 Uhr: mit Theresa Schubert (Künstlerin) und Ingeborg Reichle (Kunsthistorikerin / Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit Helmholtz-Zentrum Potsdam). Projektraum MEINBLAU, Christinenstr. 18-19, 10119 Berlin

Zur aquamediale 15: Im Gespräch mit der Künstlerin Katrin Woelger

von chk (13.07.2023)
vorher Abb. Zur aquamediale 15: Im Gespräch mit der Künstlerin Katrin Woelger

Katrin Woelger, Salix und die Blumen (Detail), 2023, Foto: FRAMERATE MEDIA / Förderverein aquamediale e.V.

Die aquamediale ist ein jährlich stattfindendes internationales Festival für zeitgenössische Kunst im Spreewald. Das Spreewalddorf Schlepzig bildet dabei den Ausgangspunkt für künstlerische Interventionen, die sich immer wieder mit hochaktuellen Themen unserer Zeit beschäftigen. So zum Beispiel die aquamediale 13, die sich unter dem Motto „Spreeland trifft ...“ mit Fragen der Globalisierung auseinandersetzte. In diesem Jahr lautet das Thema »UNART NATUR - Mensch prokontra Natur«. Aus einem Open Call heraus bewarben sich 123 Künstler*innen aus 16 Nationen, 10 wurden für die aquamediale 15 ausgewählt. In Zusammenarbeit mit dem Kurator Harald Larisch werden nun die Kunstwerke vor Ort realisiert.

Die österreichische Künstlerin Katrin Woelger arbeitet im Bereich Performance, Video, Installation und experimentellem Theater. Zahlreiche ihrer Kunstaktionen finden im öffentlichen Raum statt. In ihren Arbeiten geht es um ästhetische Transformationsprozesse, denen die Frage nach unterschiedlichen Realitäten zugrunde liegt.

Interview

Carola Hartlieb-Kühn: Sie arbeiten oft ortsspezifisch. Was hat im Spreewald Ihr besonderes Interesse erregt und wie hat sich daraus Ihre Idee für die Arbeit entwickelt?

Katrin Woelger: Die einzigartige Situation, dass die Kunstwerke nur mit einem Kahn oder Kanu besichtigt werden können und sich im Biosphärenpark befinden, bietet die Möglichkeit, eine Installation in die Natur zu integrieren und mit der Natur zu arbeiten. Seit meiner Kindheit verbringe ich viel Zeit im Wald. Als Künstlerin arbeite ich gerne mit vorhandenen Materialien.

CHK: Ihre Arbeit trägt den Titel “Salix und die Blumen”. Salix ist der lateinische Name für Weide. Was hat es mit dieser Kombination von Blume und Baum auf sich?

KW: Salix ist ein schönes Wort und könnte auch sehr gut ein Eigenname sein. Oder „Salix und die Blumen" könnte der Titel eines Märchens sein. Vielleicht lag die Frage nach Träumen und Utopien in der Luft? Vielleicht möchte Salix, die Weide, auch endlich mal geschmückt und bewundert werden? Vielleicht liebt sie die Geschichte der Orchideen in Europa? Vielleicht hat sie es satt, immer nur benutzt zu werden - als Kulisse, als Baustoff, als Material oder als Sagengestalt, die "zum Fürchten" ist? Dabei ist sie sanft, biegsam und immer hilfsbereit. Wenn wir die Hierarchien der menschlichen und nicht-menschlichen Welten nivellieren, dann kann sich eine Weide emanzipieren. Vielleicht sieht sie sich selbst als Blume.

CHK: Mit Ihren Seidenblumen imitieren Sie die Natur. Oder würden Sie eher von Simulation sprechen?

KW: Weder noch. Vorhandene Seidenblumen treffen vorhandenen Baum.
Ein Spiel. Die schmucke Salix.
... eine peinliche (unartige) Synthese: Natur und Kunststoff blühen zusammen ...
Ist es echt? Was ist echt? Bleibt es ? Was ist bleibend ?
Im Laufe der Ausstellung wird sich die Installation verändern, die Weide wird wachsen, austreiben.
Die Orchideen werden immer weiter blühen, sich aber nicht verändern. Für sie ist es ein schöner, verweilender Augenblick. Sind sie deshalb des Teufels?


Katrin Woelger beim Aufbau zu Salix und die Blumen, 2023, Foto: FRAMERATE MEDIA / Förderverein aquamediale e.V.

CHK: Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang die Schmuckstücke, die Ihre Installation ergänzen?

KW: Die Schmuckstücke sind nicht auf den ersten Blick zu sehen, nur ein sonderbares Glitzern. Zum einen verweisen sie auf kulturelle Traditionen, in denen Bäume verehrt und geschmückt werden, zum anderen auf die Absurdität, die Natur mit Glitzer zu verschönern. Auch ist es eine Anspielung auf Märchen und Sagen, in denen Schmuck, Glitzer, den geheimen Schatz oder ein Wissen, das außerhalb unserer Vorstellungswelt liegt, symbolisiert.
Der verwendete Schmuck stammt aus einer Nachlassversteigerung. Für ein paar Euro wird verscherbelt, was einmal eine besondere Erinnerung, ein besonderes Geschenk, ein magischer Moment war.

CHK: Sie stellen das Authentische der Natur der künstlerischen Intervention gegenüber, oder umgekehrt. Sind das zwei unterschiedliche Realitätsebenen, auf die Sie anspielen?

KW: Die Installation präsentiert eine Kombination aus natürlichen und künstlichen Elementen. Sie stellt diverse Vorstellungen von Dekoration und Erhaltung in Frage und lädt uns ein, über die Rolle des menschlichen Eingriffs in die Natur nachzudenken. Wie authentisch ist Natur? Ist die Natur - Landschaft, die wir sehen, nicht sehr oft auch Kulturlandschaft, geprägt von menschlichen Eingriffen?

CHK: Durch das Schmücken der Bäume mit künstlichen Blüten irritieren Sie die Betrachter:innen in ihrer Wahrnehmung. Welche Rolle spielt die Interaktion mit dem Publikum in Ihrer künstlerischen Praxis?

KW: Die Wurzeln meiner künstlerischen Arbeit liegen im Theater, in der Performance. Ich denke das Publikum also immer mit - das aber auch aus Bäumen bestehen kann.

CHK: Die aquamediale 15 steht unter dem Motto „Unart Natur – Mensch prokontra Natur". Inwieweit steckt hinter Ihrer Arbeit ein kritischer Ansatz, der dieses Motto streift?

KW: Die Entscheidung, künstliche Blüten zu verwenden, wirft Fragen über die Rolle des "Verfalls" in der Natur und die menschliche Tendenz, sich dagegen zu wehren, auf.
Die Installation zeigt die Grenzen künstlicher Schönheit auf. Die Blüten sind zwar visuell beeindruckend, sprechen aber unsere Sinne nicht in der gleichen Weise an wie echte Blumen. Sie duften nicht, und ihre Beschaffenheit unterscheidet sich von derjenigen zarter Blütenblätter. Sie haben nicht das Potenzial, zum Wachstum und zur Entwicklung des Ökosystems beizutragen, wie dies bei echten Blumen der Fall ist.
Die Blüten werden sich nie entwickeln oder Früchte tragen, und sie helfen der Natur nicht in greifbarer Weise. Die Installation lädt uns ein, über das Gleichgewicht zwischen Intervention und Respekt nachzudenken, zwischen unserem Wunsch nach ästhetischem Vergnügen und unserer Verantwortung für die Erhaltung der Ökosysteme, die uns erhalten. Sie fordert uns auch auf, unsere Abhängigkeit von synthetischen Materialien und unsere Besessenheit von ständiger Stimulation und Neuheit zu hinterfragen.


Katrin Woelger, Salix und die Blumen (Detail), 2023, Foto: FRAMERATE MEDIA / Förderverein aquamediale e.V.

CHK: Wie wichtig ist für Sie der Aspekt der Nachhaltigkeit und wie setzen Sie dies in der künstlerischen Praxis um?

KW: Der Aspekt der Nachhaltigkeit ist sehr wichtig. Meine Installationen sind oft ephemer und/oder können nach der Präsentation weiter verwertet werden.

CHK: Welche Themen oder Fragestellungen beschäftigen Sie derzeit in Ihrer künstlerischen Arbeit und welche zukünftigen Projekte planen Sie in diesem Zusammenhang?

KW: Die Nivellierung und Umkehrung von Hierarchien. Bei der Erforschung neuer künstlerischer Arbeiten strebe ich nach einem Gleichgewicht zwischen der Schaffung von Räumen, die sowohl Interaktion zulassen als auch fordern. Und ich bin an der Zusammenarbeit mit Menschen, Pflanzen, Tieren, Pilzen und anderen Organismen interessiert.

Weitere Informationen zu Katrin Woelger:
www.katrinwoelger.com

Weitere Infos zur aquamediale 15:
www.aquamediale.de
www.kuenstlerhaus-eisenhammer.de

chk

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