Im letzten Jahr ging der Nobelpreis für Physik an die KI-Pioniere John Hopfield (USA) und Geoffrey Hinton (Kanada) für ihre Arbeiten zu künstlichen neuronalen Netzen, die maschinelles Lernen ermöglichen. Den für Chemie erhielt neben David Baker, Demis Hassabis (Großbritannien) und John Jumper (USA) für die Entwicklung von Methoden zur Vorhersage von Proteinstrukturen mittels Künstlicher Intelligenz. Auch im Bereich der bildenden Kunst nutzen Künstlerinnen und Künstler KI als Werkzeug. Eine wesentliche Rolle spielen dabei die Schnittstelle von Mensch und Technologie sowie die jeweiligen Transformationsprozesse in der Kunst.
Können Kunst und Technologie gemeinsam neue Formen der Kommunikation, Empathie, Verbundenheit und Verantwortung für unsere Umwelt entwickeln? lautet die grundlegende Frage, der sich die Gruppenausstellung UnNatural Encounters im silent green, dem ehemaligen Krematorium im Berliner Wedding, widmet. Noch bis 19. Januar 2025 werden zu diesem Thema in der dortigen unterirdischen Betonhalle und im transmediale studio insgesamt elf Kunstwerke präsentiert. Die Arbeiten entstanden zwischen 2022 und 2024 im Rahmen der Residenzprogramme der European Media Art Platform (EMAP), einem Zusammenschluss verschiedener Medienkunstorganisationen.
Im Fokus der einzelnen Werke stehen zentrale Fragen nach ökologischer Nachhaltigkeit, sozio-ökologischer Gerechtigkeit oder technologischem Wandel. So thematisieren Julia Jaschnow & Stefanie Schroeder in ihrer Videoinstallation Endlager historische Bildpolitiken und fragen mit Blick auf die Zukunft, welche Botschaften menschliche Hinterlassenschaften wie bspw. hochradioaktiver Müll transportieren.
Überzeugend lässt das Kollektiv Transformative Narratives (Tony Wagner & Lena Kuzmich) in dem intermedialen Projekt Choir of Kin pflanzliche Flechten “Musik komponieren”. Nicht nur ein interessantes Hör-, sondern auch Seherlebnis. Mit Kopfhörern sitzt man vor einer großformatigen, vielschichtigen Animation. Vor einem Landschaftshintergrund schweben unregelmäßige geometrische Formen - Umrisslinien von Flechten -, die Töne auslösen und Klänge erzeugen.
Einem neuen Umgang mit Natur, Lebensmitteln und Nachhaltigkeit widmet sich auch masharu in ihrem Food-Design-Projekt Compost as Superfood, das den Besuchenden Erde zum Verzehr anbietet. Klingt kurios, ist aber durchaus ernst gemeint. Um die Erde essbar zu machen, wird ein Kompost hergestellt, mit dem Ziel, einen gesunden Boden zu produzieren. Derweil lässt sich auf einem Video beobachten, wie Regenwürmer munter die Erde durchwühlen.
Alle beteiligten Künstlerinnen und Künstler arbeiten transdisziplinär und verbinden wissenschaftliche bzw. technologische Methoden mit künstlerischer Praxis. Das Spektrum der gezeigten Medien ist breit gefächert: Die Ausstellung umfasst Datenvisualisierungen, experimentelle Dokumentarfilme, Klangskulpturen, Performances sowie Video- und VR-Installationen mit interaktiven Elementen. Bei manchen Arbeiten überwiegt die technische Spielerei, die im Ergebnis ein bisschen zu sehr auf den Effekt schielt. Die Mehrzahl der Arbeiten überzeugt jedoch durch das Zusammenspiel von Technik und Kunst.
Das kuratorische Konzept zielt darauf ab, die vielschichtigen Verflechtungen zwischen Mensch, Technologie und Natur zu beleuchten, und das gelingt der Kunst durchaus.
Arbeiten von: Tatsuru Arai & Boris Vaitovič, Marc Vilanova, Davor Sanvincenti, Bethan Hughes, masharu, Juliane Jaschnow & Stefanie Schroeder, Transformative Narratives, Carl Emil Carlsen, Endi Tupja & Klodiana Millona, Studio Above&Below und Ali Akbar Mehta.
Zur Ausstellung findet ein umfangreiches Programm statt.
Ausstellungsdauer: 10.–19.1.2025
Öffnungszeiten: Mo–Fr, 14–20 Uhr / Sa–So, 11–20 Uhr
Eintritt frei
silent green
Gerichtstraße 35
13347 Berlin
www.silent-green.net








