19h: mit Ann-Christine Jansson & Harald Hauswald im Rahmen der Ausstellung "ZEITREISE. Fotografien von Ann-Christine Jansson". Alte Feuerwache | Marchlewskistr. 6 | 10243 Berlin
Bildbeschreibung: Ben Whishaw, Rebecca Hall
Sektion: Panorama 2025, © Ira Sachs
Peter Hujar´s Day ist einer der ganz großen Lichtblicke der Berlinale. Ira Sachs, dessen Passage 2023 auf der Berlinale Weltpremiere hatte und danach ein Indie-Welterfolg wurde, gelingt hier nicht weniger als ein Masterpiece.
Ben Whishaw spielt darin den 1987 an Aids verstorbenen Fotografen Peter Hujar (* 1934), Rebecca Hall die Autorin und Journalistin Linda Rosenkrantz. In deren New Yorker Apartment fand im Dezember 1974 ein langes Gespräch zwischen den beiden statt, das auf Tonband aufgezeichnet wurde. Es sollte Teil eines größeren Buchprojekts werden, bei dem Rosenkrantz Menschen in ihrem Umkreis, vorzugsweise Künstler, befragte, was sie am Vortag gemacht hatten. Möglichst detailgenau wollte sie das wissen - ohne Tabus und Hemmungen sollten die Beteiligten über alles sprechen, was in ihrem Alltag vor sich ging. Das Buch hieß dann schlicht Talk und erschien einige Jahre später. Jedoch waren die Gespräche stark gekürzt.
Ira Sachs stieß durch einen Zufall auf die vollständigen Hujar-Transkriptionen, die dann die Grundlage für seinen Film bildeten. Peter Hujar's Day versteht sich jedoch nicht als Porträt des erst nach seinem Tod berühmt gewordenen Fotografen, der heute in einem Atemzug mit Nan Goldin, Diane Arbus oder Robert Mapplethorpe genannt wird. Vielmehr reanimiert der Film eine ganze Zeit und ein ganzes Millieu. Wie, worüber, in welchem Ambiente und vor allem mit welcher Körpersprache gesprochen wird, ist ebenso kongenial inszeniert wie gespielt. In den Gesprächen, oder fast könnte man sagen in Hujars Monolog, geht es sowohl um Tratsch und Klatsch, um Alltägliches, Banales, um Geldsorgen, um Nervereien am Telefon, um Sex, aber auch um anspruchsvolle Themen wie die Bedeutung von Freundschaft oder den Stellenwert von Kunst in der damaligen New Yorker Gesellschaft. Ausführlich kommt auch der erste wichtige Auftrag des ansonsten von Geldsorgen geplagten Künstlers zur Sprache. Für die New York Times sollte er Allen Ginsberg portraitieren, der ihm Ratschläge gab, wie er am besten an William Burroughs herankommen könne. Mit Susan Sontag war Hujar befreundet, er kannte Bob Wilson, Andy Warhol und ganz beiläufig erzählt er auch von einem Fotoshooting mit der damals sehr berühmten Lauren Hutton.
Ben Whishaw spielt diesen Peter Hujar kongenial. Er erzählt auffallend präzise, nicht uneitel auch an manchen Stellen. Poetische, philosophische, nachdenkliche Momente spiegeln den Reichtum seiner Weltwahrnehmung.
Bildbeschreibung: Ben Whishaw,
Sektion: Panorama 2025, © One Two Films
Immer wieder denkt man, mein Gott, hatten die damals für alles eine Ruhe und eine Ungestörtheit ... Es klingelt kein Handy, es gibt nicht den permanenten Blick auf irgendwelche Gadgets - stattdessen herrscht Ruhe und Konzentriertheit. Rosenkrantz bzw. Rebecca Hall spielt dabei eine wichtige Rolle. Sie ist die zugewandte, geduldige Zuhörerin, die nur ab und zu nachfragt, etwas kommentiert oder Pausen setzt. Fast ist man an eine psychoanalytische Therapiesitzung erinnert.
Wiewohl das Gesprochene im Vordergrund zu stehen scheint, ist der Film gleichzeitig visuell unglaublich stark. Nicht nur, dass man sich an Ausstattung, Kostümen und Kulissen kaum satt sehen kann, es ist vor allem die Kamera von Alex Ashe, die den Film so besonders macht. In herrlichem 16mm gedreht bestechen Jump Cuts, Unschärfen, fein austarierte Kamerabewegungen und wenige Großaufnahmen.
Peter Hujar´s Day ist nicht nur ein Film über ein bestimmtes New Yorker Millieu der 1970er Jahre, über Sprechen und Sprache, sondern auch über die vielen Möglichkeiten filmischer Darstellung von Menschen im Raum - ein einzigartiges und rundum gelungenes filmisches Experiment.
Titel zum Thema Filmbesprechung:
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